Menschendichte / Bevölkerungszuwachs
Die Menschendichte am Areal unter dem Schlossberg ist eine Größe, die in den Flächenwidmungsakten nicht leicht zu finden ist…
Wieviel neue Personen bringt also das Projekt Bildungscampus?
In der ÖEK+Flächenwidmung vom September 2023 findet man nur unter Themen „Verkehrsuntersuchung“ und „Vorprüfung Kanalisation und Wasserversorgung“ [ÖEK+Flächenwidmung 2023, Seite 5_69 und Seite 6_07] Zahlen zu den neuen Personen im Gebiet, und zwar als Berechnungsbasis für genannte Gutachten. Für unsere Berechnungen zu neuen Personen beziehen wir uns auf die niedrigeren Zahlen im Thema „Verkehrsuntersuchung“. Die Zusammenfassung anhand der Tabelle für Radplätze nach RVS 03.07.11 (Thema Verkehrsuntersuchung, Kapitel 6.2.2) wurde zusammen mit dem Bauamt Hainburg/Donau im Sept 2023 abgestimmt – siehe Tabelle unten.
Des Weiteren ist nicht definiert, wann der Rest der s.g. Konversionsfläche am Exerzierplatz von ca 11450m2 (nach Abzug von Gymnasium und Kindergarten) bebaut werden kann und wieviel neue Stadtbewohner in welchem Zeithorizont die Bebauung mit sich bringt. [ÖEK+Flächenwidmung 2023, Erläuterungsbericht, Seite 1_47: “Die übrige Fläche des Exerzierplatzes verbleibt in der Widmung Gspo (Grünland – Sportstätten) und könnte künftig zur Deckung eines mittel- bzw. langfristigen Erweiterungsbedarfs entsprechend der zeitgleichen Ausweisung im ÖEK als innerstädtische Konversionsfläche für Baulanderweiterung dienen.“]
Für unsere Abschätzungen zu neuen Personen auf der Restkonversionsfläche nehmen wir verhältnisgemäß lt. Grundstücksgröße 45% der 660 neuen BewohnerInnen im Bereich BKN-5,0-A1 inkl. Verkehrsflächen (Vp) plus ca 50 Büroleute dazu.
Abb. SOZ-01, 02


[Flächenwidmungsdokumentation Sept 2023: s.5_69b]
Die höchste Zahl der neuen Stadtbewohner, Büro/-Betriebsleute, Studierenden/Studenten/Kinder exklusive Gäste gleichzeitig tagsüber wäre in Phase_A (nach Fertigstellung der Anlage) ca 2700*.
In Phase_B (nach völliger Ausnutzung / Bebauung auch der Konversionsfläche) wären es geschätzt ca 3000 neue Personen im Gebiet unter dem Schlossberg gleichzeitig tagsüber.
*Von der Vorprüfung Kanalisation und Wasserversorgung lassen sich schon in Phase_A bereits ca 3200 neuen Personen im Gebiet ableiten. [ÖEK+Flächenwidmung 2023, Seite 6_07]
Das Gesetz § 14 (2) NÖ Raumordnungsgesetz 2014 „Bevölkerungszuwachs einschließlich Arbeitsbevölkerung, Gäste, Nebenwohnsitze und dgl.“ interpretiert unsere Arbeitsgruppe so, dass auch die im Gebiet nicht wohnenden (und z.B. nur pendelnden) Personen wohl zu den neuen Personen im Gebiet zählen, da diese eindeutig die lokale Infrastruktur nützen (v.a. verkehrstechnisch).
Zu den neuen Personen im Gebiet zählen wir somit auch die pendelnden Schüler, Studenten und Arbeitnehmer.
Zahlen für Hainburg:
8380 Einwohner inkl. Nebenwohnsitze [https://www.hainburg-donau.gv.at/Buergerservice/Gemeindeservice/Wissenswertes/Zahlen_Fakten Feb 2024] .
2127 Beschäftigte in Arbeitsstätten, 104 Arbeitskräfte in land- u. forstw. Betrieben [Statistik Austria, Dec 2022]
Insgesamt somit max. 10611 Stadtbewohner und Beschäftigte exklusive Gäste täglich in der Stadt (die Stadtgäste bleiben aufgrund nicht abgestimmter bzw. nicht vorhandener Zahlen in Statistiken unberücksichtigt).
Ab wann ist eine Sozialverträglichkeit nachzuweisen / darzulegen?
Laut § 14 (2) NÖ Raumordnungsgesetz 2014, Punkt 20:
„ist eine s.g. Sozialverträglichkeit darzulegen, wenn Widmungsmaßnahmen dazu führen, dass der Bevölkerungszuwachs (einschließlich Arbeitsbevölkerung, Gäste, Nebenwohnsitze u. dgl.) 2,5% jährlich übersteigt.“ [ https://www.ris.bka.gv.at/NormDokument.wxe?Abfrage=LrNO&Gesetzesnummer=20001080&Artikel=&Paragraf=14&Anlage=&Uebergangsrecht ]
Sozialverträglichkeit für die Gesamtanlage: Kasernenareal und Exerzierplatz innerhalb 10 Jahren:
Frist von 10 Jahren gibt an der Bauträger [Halpin GmbH, Eurocampus:_FAQ 16, Stand Sept. 2024], 10-15 Jahren der Verfasser von Erläuterungsbericht [ÖEK+Flächenwidmung 2023, s.1_28b], 9 Jahre (Bauphasen bis 2033) der Verfasser von der Verkehrsuntersuchung [ÖEK+Flächenwidmung 2023, s.5_29b]
In Hainburg macht bei 10611 Stadtbewohnern und Beschäftigten ein Zuwachs von 2,5% innerhalb 10 Jahren 2971 Menschen aus.
In Phase_A (Fertigstellung ohne Konversionsflächen) kämen in den nächsten 10 Jahren ca 2700* Menschen – hier wäre keine Sozialverträglichkeit notwendig.
Falls Phase_B (Nutzung der Konversionsfläche) bereits innerhalb der 10 Jahre eintritt, wären es ca 3000 Menschen – der Bevölkerungszuwachs ist knapp über 2,5% – Sozialverträglichkeit wäre hier notwendig/darzulegen.
*Von der Vorprüfung Kanalisation und Wasserversorgung lassen sich schon in Phase_A bereits ca 3200 neuen Personen im Gebiet ableiten. [ÖEK+Flächenwidmung 2023, Seite 6_07]
Sozialverträglichkeit für einen Teil der Anlage – Bildungseinrichtungen, die ersten 2 Jahre:
Lt. Angaben auf der Homepage vom Bauträger Halpin GmbH sollen im ersten Kurz-Bauabschnitt 2024-2025, d.h. in den ersten 2 Jahren „Bildungseinrichtungen inkl. der zugehörigen Verwaltungseinrichtungen gebaut [sein]. Geplant sind Kindergarten, private Volksschule, Fachhochschulen und das dafür erforderliche studentische Wohnen.“ [Bauträger Halpin GmbH, Eurocampus:_FAQ 15, Stand Aug. 2024].
In obiger Tabelle kann abgelesen werden, dass der Kindergarten und die Fachhochschule 677 Menschen bringen (Personal für studentisches Wohnen unberücksichtigt). Nimmt man für die private Volksschule eine sehr kleine Variante, z.B. 2 Klassen in 4 Jahrgängen mit ca 15 Schülern je Klasse, bringen diese ca 120 Schüler und ca 20 Lehrer / Personal. Insgesamt kämen in den ersten 2 Jahren somit ca 820 Menschen v.a. in das Kasernenareal. [ÖEK+Flächenwidmung Sept 2023, Verkehrsuntersuchung, Seite 5_69]
*Laut Vorprüfung Kanalisation und Wasserversorgung rechnet man in Phase_C mit ca 1150 neuen Menschen [ÖEK+Flächenwidmung Sept 2023: s.6_07b]
Bei 10611 StadtbewohnerInnen / Beschäftigten macht ein 2-jähriger Zuwachs von 2,5% 537 Menschen aus.
In kurzer 2-jähriger „Phase_C“ (Fertigstellung erster Bildungseinrichtungen) liegt der Bevölkerungszuwachs deutlich über 2,5% (wohl auch nach Abzug der Schüler/Studenten/Arbeiter aus Hainburg) – die Sozialverträglichkeit ist in diesem Fall eindeutig darzulegen.
Was ist einie Sozalverträglichkeit / was ist sozial verträglich?
Die s.g. Sozialverträglichkeit ist vorhanden, wenn die Stadt in einem niedrigeren Tempo wächst, oder bei dynamischer Entwicklung die Bildung- und kulturelle Einrichtungen (Schulen, Kindergärten, Kulturstätte,..) sowie Infrastruktur (Straßennetz, Kanal-/Wassernetz…) die steigenden Anforderungen aufnehmen können. Des weiteren ist es wichtig, dass die entsprechende Funktionen städtebaulich optimal verteilt sind (Wohnen eher am Stadtrand, Bildung/ Kultur/ Dienste möglichst zentrumsnah) und die Stadt gut vernetz ist – man beugt somit soziale Spannungen aufgrund Nachbarschaft von „inkompatiblen“ Nutzungen vor. Sozial unverträglich sind Bildung von isolierten „Inseln“ (Ghetto-Erscheinungen) und weitere unerwünschte Segregations-Prozesse. Erwünscht sind hingegen Inklusion, Kommunikation, Transparenz.
Eine Stadt mit sozialer Gerechtigkeit, Umweltschutz und Partizipation heißt vor allem: „sozialräumliche Segregation abbauen, Umweltgerechtigkeit schaffen (die Städter sind Mehrfachbelastungen durch ökologische und soziale Probleme ausgesetzt, was bis zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann), nachhaltige Mobilität fördern (das Aufkommen des motorisierten Verkehrs zu reduzieren und die Emission von Luftschadstoffen, Treibhausgasen und Lärm in der Stadt zu senken), urbanes Grün entwickeln (die Städte sollten urbanes Grün weiterentwickeln, auch weil Grün- und Freiflächen Orte der Bewegung, der Erholung und der sozialen Begegnung sind), Partizipation ermöglichen (die Beteiligung von Bewohnern bei Planungsprozessen ist eine wesentliche Aufgabe der Städte – sie sollte auch benachteiligte Bevölkerungsgruppen erreichen)“ [www.haufe.de: Nachhaltige Stadtentwicklung, In 5 Schritten zur gesunden Stadt, März 2020 ]
Es wurde festgestellt, dass die Sozialverträglichkeit im Fall von Bildungscampus Hainburg tatsächlich nachzuweisen / darzulegen ist.
[Flächenwidmung Sept 2023: s.1_50 – Erläuterungsbericht, Kapitel 5.5 Sozialaspekte]
Maßnahmen zur Erzielung der Sozialverträglichkeit im Fall von Bildungscampus.
„Eine Sozialverträglichkeit wird u.a. über die Freigabebedingungen (BKN-5,0-A1, siehe Abschnitt 5.2) und über die Vorgaben gem. Raumordnungsvertrag (siehe Anhang) sichergestellt. Durch beide Instrumente werden eine qualitätsvolle Nutzungsmischung sowie die etappenweise Umsetzung gewährleistet“. [ÖEK+Flächenwidmung Sept 2023: s.1_51, Freigabebedingung und Raumordnungsvertrag]
„Durch die Umwidmung in Bauland-Kerngebiet wird eine adäquate Möglichkeit der Nutzung des ehemaligen Kasernenareals geschaffen, da sowohl die Nutzung zu Wohn- als auch zu betrieblichen Zwecken zugelassen ist, und so gemeinsam mit der geplanten BS-Bildungscampus-Widmung die gemäß ÖEK Realisierungsbedingung geförderte Nutzungsmischung am besten umgesetzt werden kann.“ [ÖEK+Flächenwidmun 2023, Erläuterungsbericht, Seite 1_44]
Es ist nicht eindeutig nachvollziehbar, wie die Sozialverträglichkeit gesichert wird. Z.B. durch die Entfernung zum öffentlichem Verkehr ensteht Gefahr einer sozialräumlichen Segregation; benachteiligte Bevölkerungsgruppen haben zum geplanten Gebiet einen erschwerten Zugang...
Wir sind der Meinung, dass die Nutzungsmischung bei einer sehr hohen bis extremen Bebauungsdichte (GFZ 5,0) nicht die genügende Begründung der sozialen Verträglichkeit darstellt. Die nachträgliche Reduktion der theoretischen Bruttogeschossfläche der Gebäuden (BGF) auf ca eine Hälfte durch einen zusätzlichen Raumordnungsvertrag, erscheint als Bedingung, welche ihre Gültigkeit verlieren kann, wenn sich die Anforderungen grundlegend ändern (keine Notwendigkeit einer Fachhochschule aufgrund diversen ökonomischen Aspekten.). Versteht der Auftraggeber (die Stadt Hainburg), wieviel m² erlaubt, Geschossflächenzahl GFZ 5,0 verhältnisgemäß auf einem Grundstück zu errichten? Es bedeutet praktisch grob 10 Stockwerke, wenn 1/2 des Grundstücks bebaut – wer braucht dies in ländlichem Raum? Unsere Arbeitsgruppe betrachtet alleine diese Dichte an sich als sozial unverträglich!
Der genannte Raumordnungsvertrag war per Mai 2024 noch nicht zu sehen / vorhanden (wahrscheinlich noch nicht abgeschlossen) – wieso verweist die ÖEK+Flächenwidmung vom September 2023 auf etwas, was noch nicht zugänglich ist? Man weiß nicht, wo der Raumordnungsvertrag zu sehen ist / wird…
Bei der Freigabebedingung 7 für Bereich BKN-5,0-A1 [ÖEK+Flächenwidmun 2023, Erläuterungsbericht, Seite 45] wird vorausgesetzt, dass die Prognosenwerte des Verkehrsgutachtens vom Juni 2023 eingehalten oder unterschritten werden. Diese sind aber in der Verkehrsuntersuchung vom Juni 2023 bereits jetzt an, bzw. über der Grenze. Und im 10-jährigen Horizont wird prognostiziert eine bis 350%(!) Überlastung (B9/Hofmeisterstraße) mit ca 500m Staulängen zu Spitzenstunden! [ÖEK+Flächenwidmun 2023, Verkehrsunersuchung, Seite 61]. Gegen diese Entwicklung findet man in der Verkehrsuntersuchung keine Maßnahmen! Die genannte Verkehrsentwicklung bringt auf keinen Fall eine nachhaltige Mobilität mit Reduktion des Autoaufkommens inkl. Lärm- und Luftschadstoff-Belastung!
Die Entfernung des geplanten Campus zu dem vorhandenen Öffentlichen Verkehr ist laut Verkehrsuntersuchung rund 10min Gehweg jeweils zu einem der Bahnhöfen [ÖEK+Flächenwidmun 2023, Verkehrsunersuchung, Seite 11] . Dies stimmt leider nicht – es sind 12 bzw 16min fußläufig mit Distanzen 740 bzw. 830m und Höhenunterschied 30 bzw 60m. Fußstrecken auch in das Stadtzentrum über 500m sind nicht mehr attraktive Gehwege und es besteht Gefahr einer sozialen Segregation (Insel-Entstehung) im Bereich Kasernenareal und Exerzierplatz.
Die Gehbehinderten sind durch diese ungünstige Lage spürbar betroffen, bzw. direkt auf (eigenen) PKW angewiesen. „Aufgrund der Standortplanung, ohne eine Durchwegung der beiden Teile West und Ost für den Kfz-Verkehr sowie die fußläufige Erreichbarkeit der Bahnhöfe, wird die Einführung eines Stadtbusses zwischen den Bahnhöfen und Anbindung des geplanten Standort nicht empfohlen.“ [ÖEK+Flächenwidmun 2023, Verkehrsunersuchung, Seite 5_75]
Offizieller Beschluss (ÖEK und Flächenwidmung, Sept 2023):
„Während monofunktionaler Wohnbau in Phasen hoher Nachfrage nach Wohnen eine einfache Lösung bietet, kann eine funktionierende Nutzungsmischung langfristig einen maßgebenden Wert- bzw. Attraktivitätsfaktor darstellen. Betreffend der zahlreichen Planungs- und Nutzungsvarianten wird insbesondere auf SUP-Umweltbericht verwiesen.“ [Flächenwidmung Sept 2023: s.3_41, 3_42, 3_44, 3_45]
„Das nun vorliegende Konzept wird aufgrund der Nutzungsmischung und insbesondere hochwertigen Bildungseinrichtungen sowie mit genannten rechtlichen und steuernden Rahmenbedingungen (Freigabebedingungen und Raumordnungsvertrag) als sozialverträglich eingestuft.“ [Flächenwidmung Sept 2023: s.1_51]
Unser Resümee zur Sozialverträglichkeit:
Die Gewährleistung der Sozialverträglichkeit vor allem durch „qualitätsvolle Nutzungsmischung„ im Bereich BKN-5,0-A1* ist von den zugänglichen Unterlagen leider nicht eindeutig nachvollziehbar. Unklar bleibt auch die konkrete Aufteilung auf Etappen und deren Bauvolumen.
* Beim Bereich BKN-5,0-A1 ist anzumerken, dass gerade hier die höchste Bebauungsdichte im Gesamtareal von GFZ 5,0 vorgesehen ist (max. theoretische Geschossflächen betragen das 5-fache! der Grundstücksfläche) [Flächenwidmung Sept 2023: s.1_44b].
Die gelieferte offizielle positive Einstufung im Bereich Sozialverträglichkeit (Beschluss in der Flächenwidmungsdokumetation Sept. 2023) ist aufgrund oben genannter Fakten eher kritisch betrachtet.
DI Peter Sedlak / Gruppe Bildung im Bestand August 2024 Hainburg an der Donau
Quelle [ÖEK+Flächenwidmung 2023] : hier wird bezogen auf
Änderung des örtlichen Raumordnungsprogramms – Örtliches Enwicklunskonzept und Flächenwidmungsplan vom September 2023